Schweizer CDR life gelingt Mega-Serie A mit 76 Mio. US-Dollar

Die präklinischen Daten der 2017 gegründeten CDR life Inc. im Schweizer Schlieren genügen den Investoren von Jeito Capital und RA Capital, um die Finanzierungsrunde in für Europa immer noch ungewöhnliche Höhen von 76 Mio. US-Dollar zu treiben. CDR life nennt eine Plattformtechnologie sein eigen, die Tumorzell-spezifische intrazelluläre Proteinfragmente, die auf MHC-Molekülen an der Oberfläche präsentiert werden, spezifisch mit Antikörpern erkennen kann, die ihrerseits als bispezifische Moleküle T-Zellen anlocken. Die M-gager-Plattform ist auch der Kern des Finanzierungsabkommens.

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Es muss ein seltsames Zusammentreffen der Führungsriege von CDR life und dem Hauptinvestor Jeito Capital gewesen sein, aber offensichtlicht hat sich dabei eine gute "Chemie" entwickelt. CDR präsentiert sich nämlich als ziemlich männlich dominiertes Biotech-Unternehmen, gerade im Managment. Jeito Capital dagegen ist das "weiblichste" Venture-Kapital-Unternehmen der Welt – was ausnahmsweise keine bloße Eigenwerbung ist, sondern schlicht den Tatsachen entspricht.

Vermutlich hat neben der zwischenmenschlichen Chemie aber auch die Biologie der Wissenschaft und Technologie der Antikörper-Designer einen wichtigen Teil beigetragen, einen Vertrag über diese hohe Finanzierungssumme abzuschließen. CDR life hat sich mittels Phage-Display eine Bibliothek von Milliarden von Antikörpern erstellt, die spezifisch intrazelluläre Proteinfragmente von unterschiedlichen Tumorzelltypen im Zusammenhang mit dem MHC-Komplex erkennen. Gleichzeitig sind die Antikörper so gestaltet, dass sie cytotoxische T-Zellen binden und damit eine Brücke dieser Effektorzellen zum Tumorgewebe bilden und die Effektivität des Abwehrkampfes erhöhen können. Das am weitesten fortgeschrittene chimäre Molekül der Schweizer zielt auf den Tumormarker MAGE-A4, befindet sich aber wie alle anderen Projekte in der Präklinik. Das gleiche Target geht unter anderen auch die Tübinger immatics mit ihrer bispezifischen T-Cell-Engager-Methode an – der Wettlauf dürfte spannend werden. Während immatics kürzlich eine große Kooperation mit Bristol Myers Squibb verkündete, hatte CDR life bisher eine Kooperation mit Boehringer Ingelheim vorzuweisen, jedoch auf ein anderes Target bezogen.

MAGE-A4 soll bei CDR life mit dem eigenen CDR404-Kandidaten nun mit mehr Tempo angegangen werden, und dabei kommt die Jeito-Frauenpower nun zum Schweizer Männerclub: Jeito-Gründerin Rafaèle Tjordman wurde zeitgleich in den Aufsichtsrat berufen. Genug Stoff für anregende Diskussionen auf dem Swiss Biotech Day, am 2. und 3. Mai in Basel.

Hintergrund: Der Ansatz, T-Zellen mittels eines bispezifischen Linkers/Antikörpers näher und spezifischer an die Krebszellen heranzuführen und damit deren Abtötung zu verstärken, ist keine ganz neue Variante und hat vor fast einem Jahrzehnt mit der ersten Zulassung des BiTE (bispecific T-cell-Engagers)-Linkers Blinatumomab von Micromet/Amgen dem Feld erstmals bewiesen, dass dies nicht nur in der Theorie funktioniert, sondern auch in der Klinik. Dass dabei eine hohe Vorsicht zu walten hat, welche Moleküle und Zelltypen man durch einen Linker kombiniert, um damit nicht als Nebeneffekt eine Überreaktion des Immunsystems auszulösen, das waren die Lehren der Entwicklung von diesem ersten Ansatz und vielen folgenden Versuchen. Die Zytotoxizität auf den Tumor ist das eine, auf andere wichtige Zelltypen oder gar systemisch ist das andere. Einen guten Überblick zu den vielfältigen Ansätzen von bispezifischen Linkern bis CAR-T hat der Genentech-Wissenschaftler Diego Ellerman hier zusammengestellt (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S104620231830121X )

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